(Von der Quelle zur Vereinigung mit weißem und blauem Nil zum mächtigen Fluss bis zur Mündung im Nildelta)
(From the river head to the fusion with the white and blue Nile to a powerful river continuing to the estuary Nile delta)
Die alten Ägypter sahen die Welt als eine große Scheibe, die vom einem Fluss durchzogen wurde und ihr Land in zwei große Teile aufteilte. Sie nannten den Nil einfach nur "Iteru aa" was soviel wie "der (große) Fluss" oder "großes Wasser" bedeutet und glaubten, dass seine Fluten von den Flussgöttern stammen. Der Nil war für sie der Anfang und das Ende - und die Grundlage ihres Lebens. Der Fluss galt als Gott »Hapi«, dem gehuldigt wurde, wenn das Wasser zu steigen begann.
Im Weltbild der alten Ägypter entsprang der Nil dem Urozean »Nun«. Dorthin floss er nach seinem Anschwellen auch wieder zurück, so ihr Glaube. Der ewige Kreislauf von Kommen und Gehen war ein Wunder, das zugleich überlebenswichtig für sie war.
Die in früheren Jahren mit den alljährlichen Hochwassern angeschwemmten Schlammmassen verwandelten die Ufer des Niltals in einen Garten Eden. Hier entstand vor über 5000 Jahren eine der bedeutendsten Hochkulturen und Kornkammern der Antike: »Ägypten«.
Der Nil ist Leben!
Er bescherte Wasser und ließ reiche Ernten gedeihen. Jedes Jahr nach den großen Überschwemmungen im Sommer bestellten die Ägypter ihre Felder. Vom Ertrag konnten sie gut leben. Blieb das Hochwasser aber aus, wurden Ernte und Nahrungsmittel knapp. Für viele Menschen bedeutete das den Hungertod.
Der Nil war aber auch ein Verkehrsweg durch ein riesiges Gebiet, in dem verschiedenste Völker zu Hause waren. Die Ägypter besaßen das fruchtbarste Gebiet der Erde. Die meisten lebten in Dörfern nahe am Nil. Hier trafen sich die fahrenden Händler und Bewohner. Sie tauschten Waren und Nachrichten aus, während sie Felle gerbten, Wasser schöpften oder fischten. Die meisten Häuser standen nahe am Wasser, obwohl sie manchmal durch die Fluten beschädigt oder weggeschwemmt wurden.
Mythologie
Die Menschen kannten weder den Ursprung des Flusses und seiner lebensspendenden Fluten, noch wussten sie, weshalb sie manchmal ausblieben. Deshalb schufen sie sich eine komplexe Welt von Mythen und »Gottheiten«, um sich das Geheimnis zu erklären. Die Ägypter waren der Ansicht, das Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos im Universum könne nur von den Göttern und ihrem Stellvertreter auf Erden, dem gottgleichen König (Pharao) aufrechterhalten werden. Die Überflutungen, die das Nilhochwasser mit sich brachte, deuteten die Ägypter als Zeichen für Schöpfung, Tod und Wiedergeburt. Ein immerwährender Zyklus, dem sie sich jedes Jahr aufs Neue stellen mussten. Wann der Nil den fruchtbaren Schlamm auf die Felder schwemmte, konnten sie durch Beobachtung der Gestirne ziemlich genau bestimmen.
Ägyptischer Kalender:
Die Ägypter rechneten nach dem Mondkalender. Der Monat bestand aus 29 oder 30 Tagen.
Das Jahr teilten sie in drei Jahreszeiten, die auf dem Nilzyklus beruhten.
Die Zeit der Überschwemmung bildete die erste Jahreszeit, sie reichte von Mitte Juni bis Mitte September. Dieser Zeitraum dauerte 4 Monate und im ägyptischen Kalender hieß diese Jahreszeit der Überschwemmung "Achet".
Ungefähr Ende Oktober hatte sich das Nilwasser wieder soweit zurückgezogen, dass auf dem fruchtbaren Boden Getreide, Gemüse, Flachs und andere lebensnotwendige Dinge angebaut werden konnten. Die Zeit der Aussaat nannten die Ägypter "Peret". Auch sie ging wieder 4 Monate lang bis etwa Ende Februar.
Danach waren die Felder soweit, dass geerntet werden konnten. Die vier Monate der Ernte hießen im ägyptischen Kalender "Schemu".
Um 3.000 v.Chr. werden Ober- und Unterägypten zu einem mächtigen Königreich vereint. Eine der faszinierendsten Kulturen der Menschheit nimmt ihren Anfang. Drei Jahrtausende lang wird das Reich am Nil bestehen bleiben, regiert von 30 Dynastien "gottgleicher" Pharaonen. Keine Zivilisation war langlebiger, künstlerisch erfinderischer oder erschuf mehr imposante Bauten als die der Alten Ägypter.
Der Nil in Zahlen und Fakten:
Über Jahrhunderte hinweg galt der Nil mit seinen rund 6850 Kilometern als der längste Fluss der Erde. Der südamerikanische Amazonas folgte ihm mit einer Gesamtlänge von ca. 6450 Kilometern. Allerdings war der Amazonas schon immer der wasserreichste Fluss der Welt! Neuesten Vermessungen zufolge, erlangte der Amazonas mit rund 6990 Kilometern einen neuen Rekord und gilt (zumindest inoffiziell) als der längste Fluss auf unserem Planeten*.
Um den »Nil« visuell und kartographisch erfassen zu können, muss man nahezu den gesamten ostafrikanischen Kontinent betrachten.
Er besitzt zwei Quellflüsse: den kürzeren, aber wasserreicheren "Blauen Nil" und den wesentlich längeren "Weißen Nil". Der Blaue Nil entspringt im ostafrikanischen Hochland von Ruanda und Burundi. Der Weiße Nil entsteht aus den Quellflüssen des größten Viktoriasee-Zuflusses. Er entspringt also südlich des Äquators in den Bergen, durchfließt dann in nördlicher Richtung Tansania, Uganda, und den Südsudan. In Khartum (Hauptstadt des Sudan) treffen Weißer und Blauer Nil aufeinander, bevor der mächtige Fluss im Norden Ägyptens ins Mittelmeer mündet.
Das »Nildelta« bildet das wohl bekannteste Mündungsdelta, weil es auch die Bezeichnung "Delta" prägte und die charakteristische, aus dem griechischen Buchstaben Delta (Δ) abgeleitete Dreiecksform (»Pyramidenform«) aufweist. Dieses 24.000 km² umfassende Flussdelta befindet sich in Unterägypten direkt nördlich von Kairo und breitet sich fächerförmig östlich von Alexandria über die Küste des südöstlichen Mittelmeeres aus.
Ägypten besteht zu 96% aus Wüstenlandschaft. Ohne den Nil wäre das Land eine einzige endlose Wüste. Man erkennt es daran, dass es im Westen von der Libyschen Wüste, im Süden von der Nubischen Wüste und im Osten von der Arabischen Wüste umringt ist.
Erst der Nil begüstigte die Entstehung einer Kultur an den Nilufern des Alten Ägypten. Nur durch den fruchtbaren Schlamm, den er bei seinen Hochwassern über das Land verteilte, konnten Nutzpflanzen angebaut und Landwirtschaft betrieben werden. Außerdem wurde der sehr tonhaltige Schlamm, den die Nilschwemme brachte, zum Häuserbau genutzt.
Letztendlich kann man also behaupten: Ohne den Nil gäbe es keine Pharaonen, Tempel und Pyramiden.
Motiv Weltgebetstag 2014: "Wasserströme in der Wüste"
*Anmerkung: Ob der Amazonas oder der Nil der längste Fluss der Erde ist, kann nicht mit absoluter Sicherheit bestimmt werden, was vor allem an den unterschiedlichen Messmethoden hängt. Aber 2007 haben Geologen des brasilianischen Raumforschungsinstituts "Instituto Nacional de Pesquisas Espaciais" beide Flüsse neu vermessen. Ergebnis: Der Amazonas wird rund 140 Kilometer länger "eingeschätzt" als der Nil.