(Der Geist von Karnak; der endlose Bau, religiöse Zeremonien, Opfergaben)
(Spirit of Karnak; the endless progress of construction, religious ceremonies, sacrificial offering)
Unzählige Götter leben am Nil und jede Stadt hat ihren eigenen Gott mit eigenem Tempel. Die Tempel sind aber nicht nur religiöse Zentren, sie sind auch Schulen, Ausbildungsstätten und Verwaltungssitze. Die Existenz eines Großteils der Bevölkerung hängt von ihnen ab.
Aber der wichtigste Tempel und "Tempel aller Tempel" lag im Herzen Thebens (siehe »Map«) und war das Hauptheiligtum und Machtzentrum des Landes. Jahrhunderte lang erweiterten die Pharaonen das Heiligtum ihres Reichsgottes Amun. Pharao um Pharao, Dynastie um Dynastie haben den größten Sakralbau der Welt erschaffen: Karnak - Tempel des Amun-Ra.
Und mit den Höfen und Säulenhallen wuchs auch beständig die Zahl der Priester. Zur Zeit von »Amenhotep III.« lebten in Karnak tausende von Priestern und dienten dem Tempel mit all seinen Außenbezirken und Landgütern. 240.000 Hektar Land und 400.000 Stück Vieh gehörten zum Besitz. Etwa 80.000 Menschen arbeiteten für den Tempel. Er ist "DAS" Wirtschaftszentrum Ägyptens. Ein Staat im Staate. Und all das untersteht dem Reichsgott »Amun«.
Architektur
Seit Anbeginn ist die Bauweise der Tempel immer gleich und symbolisiert den ganzen Kosmos. Die Säulen stellen die bunte Pflanzenwelt des Landes dar. Sie tragen die blaue Decke, als Versinnbildlichung des Himmels und der Boden steht für das fruchtbare Land.
Vom offenen Hellen geht es ins »Dunkle«. Tief im inneren des Tempels, verborgen vor den Augen der Menschen, wohnen die Götter im Allerheiligsten. Der Zutritt bleibt allerdings nur dem Pharao und den Hohepriestern vorbehalten. Nur sie allein haben den direkten Zugang und Kontakt zu den Göttern. Hier wurden heilige Kulthandlungen (Gebete, Gesänge und Opferzeremonien) durch den König oder seine Hohepriester durchgeführt.
Der Tempel: Kult- und Opferstätte
Um die Gunst der Götter zu erlangen brachten die Ägypter zahlreiche Opfergaben. Die Ernte wurde in gewaltigen Kornspeichern gelagert. Die Hieroglyphen beschreiben unvorstellbare Mengen: Tausende Krüge Bier und Wein, aber auch unzählige Enten, Rinder, Getreide, Öl, Weihrauch und Mürrhe. Doch es war ein Geben und Nehmen. Die Bevölkerung opferte den Göttern und versorgte damit die Priester. Die widerum verteilten den Überschuss an die Bedürftigen. Diese Tradition zu bewahren bestimmte alles Denken und Handeln. Die Ordnung als höchstes Prinzip wird sogar in einer Gottheit personifiziert: »Maat«, die Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit. Das Leben der Priester war von dieser Ordnung bestimmt und Tag für Tag mussten festgelegte Rituale eingehalten werden, denn: "Auch die Götter können sterben und Chaos käme über das Land". Deshalb durfte der Fluss der Opfergaben nie versiegen. Ein Segen auch für die Priester.
Zum Abschluss nur noch ein paar Daten:
Die Tempelanlage lässt sich in drei große Bezirke einteilen: dem Bezirk des »Month« im Norden, dem Bezirk der »Mut« im Süden und dem Bezirk des Amun im Zentrum. Allein seine Fläche misst rund 30 ha (1 Hektar = 10.000 qm). Er enthielt neben dem Tempel des Amun-Ra noch den Tempel des »Chons«, den Tempel der Opet, den Tempel des »Ptah«, den Tempel des Amenhotep II. und den Tempel Ramses lll., den Heiligen See, verschiedene Stationskapellen für die Götterbarke (kleine Boote, auf denen die Götterbilder bei den Prozessionen durch die Stadt getragen und auf dem Fluss gezogen wurden), sowie die Weiße Kapelle (Sedfest) und die Rote Kapelle (Opet-Fest). Neben diesen drei großen Tempelbezirken gibt es östlich noch Überreste vom »Aton«-Tempel, der früher mit dem Karnak-Tempel durch eine kleine Allee verbunden war.
Die Gesamtfläche des Areals beträgt gut 1 km². Das entspricht etwa 140 Fußballfeldern!
In der Antike verband den Amun-Tempel von Karnak eine ca. 2,7 km lange Allee mit dem »Luxor-Tempel«, die beidseitig von 365 Sphingen gesäumt war. Jahrhunderte lang war diese Allee verschüttet und verbaut. Erst seit dem 25. November 2021 hat Ägypten die 3.400 Jahre alte Sphinx-Allee zwischen diesen beiden Tempeln feierlich wiedereröffnet. Laut Medienberichten sollen es nun mehr als 1300 restaurierte Sphingen sein.
Eine weitere Sphingenallee mit zwei Reihen zu 66 Sphingen verband den Amun-Tempel mit dem Mut-Bezirk im Süden.
Selbst heute, mit ausgebleichten Ruinen, bildet der Karnak-Tempel einen überwältigenden Anblick!